Kryptowährungen – auch aus steuerlicher Sicht eine Risikoanlage?

Kryptowährungen - auch aus steuerlicher Sicht eine Risikoanlage?

«Kanton Zug ermöglicht Steuerzahlungen mit Kryptowährungen», «Tesla buys $1.5 billion in bitcoin, plans to accept it as payment», «Bitcoin soll in El Salvador zum offiziellen Zahlungsmittel werden». Diese Schlagzeilen zeigen auf, dass die Zeiten, als sich nur «Tech-Nerds» für Kryptowährungen interessiert haben, längst vorbei sind. Kryptowährungen werden immer breiter als Zahlungsmittel akzeptiert und immer mehr Kleinanleger erliegen der Verlockung der raschen Kursgewinne. Hingegen investieren die meisten privaten Anleger in Kryptowährungen, ohne sich im Voraus mit den steuer- und abgaberechtlichen Folgen und Risiken zu beschäftigen. Diesen Fragen müssen sich «Krypto-Investoren» spätestens bei der Erstellung der jährlichen Steuererklärung stellen – was nicht selten zu spät ist. Wir versuchen im vorliegenden Artikel einen Überblick über die steuerliche Behandlung und die Risiken im Zusammenhang mit Investitionen in Kryptowährungen von natürlichen Personen zu geben.

  • Christoph Knupp

Kryptowährungen im Allgemeinen
Kryptowährungen sind digitale Rechnungseinheiten, die als Investitions- und Zahlungsmittel dienen können. Neben den bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin und Ripple existiert eine schier unüberblickbare Anzahl an weniger bekannten Währungen – und es werden täglich mehr. Einheiten in Kryptowährungen (Token/Coin) sind keine Wertpapiere, sondern von einem Protokoll und der dahinterliegenden Technologie abhängige, digitale «Zahlungsmittel». Der Besitz von Einheiten in Kryptowährungen wie Bitcoin ist wirtschaftlich am ehesten vergleichbar mit dem Besitz von Bargeld oder Edelmetallen. Aus steuerlicher Sicht werden die Währungen grundsätzlich in drei Formen von Token unterschieden: (1)

Native-Token / Payment-Token: Digitale Wertrechte, die grundsätzlich zum Einsatz als Zahlungsmittel geeignet sind. Der Herausgeber hat gegenüber dem Investor keine Verpflichtung zur Leistung einer bestimmten Zahlung oder Erbringung einer Dienstleistung.
Asset-backed-Token: Die in einem ICO oder ITO (2) ausgegebenen Asset-backed-Token verkörpern geldwerte Rechte gegenüber der Gegenpartei respektive dem Herausgeber. Die Rechte bestehen aus einer festen oder variablen, vordefinierten Entschädigung beziehungsweise Partizipation.
Utility-Token / Nutzungs-Token: Die im Rahmen eines ICO oder ITO ausgegebenen Utility-Token gewähren dem Investor das Recht, digitale Dienstleistungen zu nutzen.

Die steuerliche Einordnung von Asset-backed-Token und Utility-Token hängt massgeblich von der Ausgestaltung des zivilen Rechtsverhältnisses ab und ist individuell vorzunehmen. In der Vielzahl von Kryptowährungen existieren neben den oben erwähnten «reinen» Token auch unzählige hybride Formen, welche Merkmale der drei oben beschriebenen Formen enthalten. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die bei privaten Anlegern weit verbreiteten Native-Token (wie z.B. Bitcoin), die grundsätzlich als Zahlungsmittel geeignet sind.

Besteuerung von Native-Token bei natürlichen Personen
Native-Token werden aus Sicht der Vermögenssteuer als bewertbare, bewegliche resp. handelbare Sache und somit als immateriellen Vermögenswerte qualifiziert, die bewegliches Kapitalvermögen darstellen und zum Verkehrswert per Stichtag 31. Dezember der Vermögenssteuer unterliegen. Für Kryptowährungen existiert kein global einheitlicher Umrechnungskurs, da sie auf verschiedenen elektronischen Plattformen gehandelt werden. Für einige, weit verbreitete Währungen publiziert die ESTV in ihren Kurslisten jeweils die steuerlich relevanten Jahresendkurse. Für unbekanntere Währungen, für welche die ESTV keinen Kurs publiziert, werden in der Praxis oft die angemessensten verfügbaren Kurse von Plattformen, die zu einer sachgerechten Bewertung führen, akzeptiert. Der Bestand an Kryptowährungen kann in der Regel mit einem Ausdruck der Jahresendbestände des/der «Wallets» belegt werden. Die Bewertbarkeit bleibt insbesondere bei unbekannteren und/oder besonders volatilen Währungen eine Herausforderung – gleichsam für Steuerpflichtige und Steuerbehörden.

Aus Sicht der Einkommenssteuer ist die Behandlung vorerst einfacher. Das blosse Halten von Native-Token in der Form von reinen digitalen Zahlungsmitteln generiert grundsätzlich keine steuerbaren Einkünfte oder Erträge. Der Besitz von Kryptowährungen ist damit vergleichbar mit dem Besitz von Bargeld, Edelmetallen oder herkömmlichen Fremdwährungen. Das Kaufen und Verkaufen von Native-Token ist steuerlich vergleichbar mit Transaktionen mittels herkömmlicher Zahlungsmittel. Demnach stellen Gewinne oder Verluste aus der Veräusserung von Native-Token aus dem Privatvermögen steuerfreie Kapitalgewinne oder nicht abzugsfähige Kapitalverluste dar.

Diese Grundsätze der Besteuerung für Zwecke der Einkommenssteuer kommen jedoch insbesondere im Falle des Vorliegens einer gewerbsmässigen Tätigkeit nicht zur Anwendung.

Gewerbsmässigkeit im Zusammenhang mit Kryptowährungen
Je nach Art, Umfang und Finanzierung der Transaktionen können die Investitionen in Kryptowährungen von Privatpersonen als gewerbsmässig qualifiziert werden. Beim Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit qualifizieren Native-Token als Geschäftsvermögen. Die Bewertung von Native-Token im Geschäftsvermögen erfolgt für Zwecke der Vermögenssteuer dann entsprechend den obligationenrechtlichen Vorschriften und unterliegt damit dem Buchwertprinzip. Danach können Wertsteigerungen von Native-Token mit einem repräsentativen Kurswert über den Anschaffungspreis hinaus aktiviert werden (Art. 960b OR).

Für Zwecke der Einkommenssteuer sind die erzielten Gewinne beim Vorliegen einer Gewerbsmässigkeit resp. einer selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Im Geschäftsvermögen sind Kursschwankungen insoweit (einkommens-)steuerwirksam, als sie sich nach den einschlägigen handels- (Art. 960 ff. OR) und steuerrechtlichen Grundsätzen buchmässig auswirken. Die Erfassung der Gewinne mit der Einkommenssteuer bringt zudem mit sich, dass auf dem aus Gewinnen resultierendem Einkommen die Sozialversicherungsbeiträge (Beiträge von selbständig Erwerbstätigen) von aktuell rund 10% (Stand 1.1.2021) abzurechnen sind.

Wo beginnt die Gewerbsmässigkeit?
Als gewerbsmässig resp. selbständige Erwerbstätigkeit gilt grundsätzlich der regelmässige und intensive Handel mit Native-Token, der über die schlichte private Vermögensverwaltung hinausgeht. Diese allgemeine Formel wurde bis dato noch nicht durch die Praxis der Steuerbehörden oder von Gerichten präzisiert. Für die Abgrenzung des gewerbsmässigen Handels mit Native-Token von der privaten Vermögensverwaltung verweisen die Steuerbehörden regelmässig auf das ESTV-Kreisschreiben Nr. 36 «Gewerbsmässiger Wertschriftenhandel» vom 27. Juli 2012, welches sinngemäss zur Anwendung kommen soll.

Obwohl das ESTV Kreisschreiben Nr. 36 eine gewisse Orientierungshilfe bietet, bleiben in der Praxis mangels höchstrichterlicher Urteile viele spezifische Fragen zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährung offen. Relativ viel Einigkeit und Klarheit betreffend die Gewerbsmässigkeit besteht – im Gegensatz zu den Investitionen und dem Handel mit Kryptowährungen – im Bereich des «Schürfens oder Minings» (3) von Kryptowährungen. Diese Tätigkeit wird bisher in allen Arbeitspapieren und Merkblättern der Steuerverwaltungen als gewerbsmässige Tätigkeit eingestuft. Nehmen Sie frühzeitig mit unseren Steuerspezialisten Kontakt auf und informieren Sie sich über Handlungsoptionen im Zusammenhang mit Investitionen in Kryptowährungen und allfällige steuerliche Risiken.


(1) Vgl. dazu insb. ESTV Arbeitspapier «Kryptowährungen und ICOs/ITOs als Gegenstand der Vermögens-, Einkommens- und Gewinnsteuer, der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben» vom 27. August 2019.

(2) Initial Coin Offering / Initial Token Offering (digitale Instrumente zur Unternehmensfinanzierung resp. Geldbeschaffung).

(3) Beim «Schürfen» oder «Mining» stellen «Miner» Rechenleistung zur Verfügung, welche der permanenten Berechnung resp. Überprüfung von Transaktionen dient. Wenn eine Transaktion überprüft wurde, werden die noch nicht in einem Block abgelegten Transaktionen in einem neuen Block zusammengefasst und verschlüsselt. Die in einem Block abgelegten und der Blockchain angefügten Transaktionen werden so für alle unveränderlich gespeichert.