Spesenreglemente: Wie verbindlich sind genehmigte Spesenreglemente?

In der Schweiz gibt es eine Vielzahl von Unternehmen und Organisationen, die, anstatt eine effektive Abrechnung der Spesen vorzunehmen, Spesenreglemente mit pauschalen Ansätzen zur Abgeltung von Auslagen von Mitarbeitern verwenden. Damit Pauschalspesen ausbezahlt werden können, ist ein Spesenreglement bei der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung zur Prüfung und Genehmigung einzureichen. Eine Genehmigung des Spesenreglements durch die Steuerverwaltung ist erforderlich, da sichergestellt werden soll, dass es sich bei den angegebenen Spesen tatsächlich um Ausgaben handelt, die den Mitarbeitenden im Rahmen konkreter geschäftlicher Aufträge entstanden sind.

Genehmigtes Spesenregelement

Ein genehmigtes Spesenreglement legt die Richtlinien und Verfahren fest, die bei der Beantragung, Genehmigung und Abrechnung von Spesen (wie z.B. Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten) zu beachten sind. Es definiert die erlaubten Ausgabenkategorien, die Höchstgrenzen für einzelne Kostenpositionen und die erforderlichen Belege für die Erstattung. Ein genehmigtes Spesenreglement stellt sicher, dass Mitarbeiter angemessene Ausgaben im Rahmen ihrer beruflichen Aufgaben tätigen können, während gleichzeitig die Transparenz, Kontrolle und Einhaltung der Unternehmensrichtlinien gewährleistet wird. Die Umsetzung und Einhaltung eines genehmigten Spesenreglements unterstützt eine effiziente und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern in Bezug auf Spesenabrechnungen.

«Die kantonalen Steuerverwaltungen anerkennen gegenseitig Spesenreglemente, die vom Sitzkanton eines Unternehmens genehmigt worden sind.»

Anerkennung genehmigter Spesenreglemente

Nach der Mustervorlage Spesenreglemente für Unternehmen und für Non-Profit Organisationen vom 13. Dezember 2021 der Schweizerischen Steuerkonferenz (nachfolgend «Mustervorlage SSK») sowie nach der Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises haben die Steuerbehörden ein Spesenreglement, das vom Sitzkanton genehmigt worden ist, grundsätzlich gegenseitig anzuerkennen. Entsprechend müssen Spesenreglemente nur am Sitzkanton einer Gesellschaft eingereicht und genehmigt werden.

In der Praxis kam es jedoch in der Vergangenheit immer wieder zu Fällen, in denen ein durch den Sitzkanton genehmigtes Spesenreglement von einer Steuerverwaltung eines anderen Kantons nicht anerkannt wurde. So hatte die Steuerrekurskommission Basel-Stadt mit Entscheid vom 17. November 2016 zu beurteilen, ob die ausgerichteten Pauschalspesen gesamthaft als Auslagenersatz anzuerkennen oder teilweise als steuerbares Einkommen aufzurechnen sind. Dabei begründete die Steuerverwaltung die Aufrechnungen mit der Nichtanerkennung des genehmigten (ausserkantonalen) Spesenreglements bzw. damit, dass das Spesenreglement Entschädigungen für diverse Aufwendungen vorsehe, welche nicht unter den Spesenbegriff fallen. Schlussendlich gab die Steuerrekurskommission der Rekurrentin Recht, da ihr Vertrauen in die Genehmigung des Spesenreglements durch den Kanton Basel-Landschaft – in Anlehnung an die Wegleitung zum Lohnausweis als auch an das damals geltende Kreisschreiben Nr. 25 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 18. Januar 2008 (nachfolgend «KS 25 SSK») – zu schützen sei. Denn sowohl die Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises als auch das damals gültige KS 25 SSK halten klar fest, dass die Genehmigung eines Spesenreglements durch den Sitzkanton von den Steuerverwaltungen der anderen Kantone anerkannt wird.

Zu einem gegenteiligen Schluss gelangte das Steuergericht des Kantons Solothurn in seinem Urteil vom 28. September 2015. Dabei hielt es fest, dass es grundsätzlich Spesenreglemente, die von einer anderen Steuerbehörde genehmigt wurden, anerkenne. Jedoch erachtete es im Rahmen der kantonalen Praxis als zulässig, unter gewissen Umständen eine Überprüfung ausserkantonal genehmigter Spesenreglemente vorzunehmen. Dies nämlich dann, wenn das ausserkantonal genehmigte Spesenreglement die damals zulässigen Ansätze für Pauschalspesen übersteigt.

Eine Berufung auf den Vertrauensschutz sei nicht möglich. Dass die Steuerbehörden genehmigte Spesenreglemente dem Grundsatze nach anerkennen, diene der administrativen Entlastung und Vereinfachung, dies stelle jedoch keine rechtsverbindliche Auskunft dar. Dass es dabei Einzelfälle gibt, welche eine Korrektur des Grundsatzes erfordern, läge in der Natur der Sache selbst. Hätten die Rekurrenten im vorliegenden Fall höhere als die den (damals gültigen) Ansätzen der SSK entsprechenden Pauschalspesen geltend machen wollen, so wären diese im Rahmen des Verfahrens nachzuweisen gewesen. Ein solcher Nachweis konnten die Rekurrenten jedoch nicht mehr erbringen, weswegen die steuerliche Aufrechnung hinzunehmen war.

Angemessenheit genehmigter Spesenreglemente

In einem neueren Urteil vom 14. Oktober 2022 (2C_804/2021) hatte das Bundesgericht die Frage zu beurteilen, ob die Angemessenheit genehmigter Pauschalspesen gerichtlich überprüfbar und für andere Kantone verbindlich ist. In diesem Urteil ging es um ein durch den Kanton Genf genehmigtes Spesenreglement, welches von der Steuerverwaltung des Kantons Waadt nicht vollumfänglich anerkannt worden war. Dabei machte die Steuerverwaltung des Kantons Waadt vor Bundesgericht geltend, dass ein genehmigtes Spesenregelement vergleichbar mit einem Steuerruling sei und daher die Steuerbehörden nur dann binde, wenn der damit antizipierte Sachverhalt demjenigen entspreche, der in der Folge Gegenstand der Besteuerung sei. Das Bundesgericht indes folgt der herrschenden Lehre und hält fest, dass sich im Falle eines genehmigten Spesenreglements die Frage der Angemessenheit zwischen den erhobenen Pauschalspesen und den tatsächlich vom Arbeitnehmer getätigten Spesen nicht stelle, da diese im Voraus zwischen dem Arbeitgeber für alle seine Mitarbeiter einerseits und der Steuerbehörde andererseits geregelt wurde. Bei der Veranlagung des Arbeitnehmers könne die Steuerbehörde daher nicht die Angemessenheit prüfen, sondern nur, ob der Betrag der gezahlten Spesen dem Betrag der Pauschalspesen entspricht, der im Spesenreglement vorgesehen und als solcher im Lohnausweis des Betroffenen angegeben ist. Die Genehmigung durch die Steuerbehörde des Kantons, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, sei grundsätzlich von allen Kantonen anzuerkennen und für diese von verbindlicher Natur. Dabei handle es sich um einen Anwendungsfall von Treu und Glauben. Entsprechend gilt ein genehmigtes Spesenreglement auch für eine Veranlagungsbehörde, welche nicht diejenige ist, die die Spesenregelung des Arbeitgebers genehmigt hat. Das Bundesgericht stellte somit fest, dass die Steuerverwaltung des Kantons Waadt an das vom Kanton Genf genehmigte Spesenreglement gebunden ist. Die Aufgabe der waadtländischen Steuerverwaltung bestehe lediglich darin, zu überprüfen, ob die pauschale Spesenentschädigung mit den Bestimmungen des Spesenreglements übereinstimmt.

Genehmigtes Spesenreglement als rechtsverbindliche Auskunft

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in der Vergangenheit unterschiedliche kantonale Ansätze in Bezug auf die Anerkennung von Spesenreglementen, die am Sitz eines Unternehmens genehmigt wurden, bestanden. Das Urteil des Bundesgerichts vom 14. Oktober 2022 bestätigt im Grundsatz das Urteil der Steuerrekurskommission Basel-Stadt vom 17. November 2016, wonach die Genehmigung eines Spesenreglements durch den Sitzkanton des Arbeitgebers von den Steuerverwaltungen anderer betroffener Kantone anzuerkennen ist. Entsprechend kann ein genehmigtes Spesenreglement mit einer rechtsverbindlichen Auskunft gleichgestellt werden.

Trotz der Bestätigung des Bundesgerichts in Bezug auf die Verbindlichkeit von genehmigten Spesenreglementen ist es empfehlenswert, Belege (z.B. Quittungen) bis zur definitiven Veranlagung aufzubewahren. Optimalerweise sollte ein Spesenreglement nach dem Musterspesenreglement der Schweizerischen Steuerkonferenz erstellt werden.